Fieber - Tagebuch eines Aussätzigen Klaus Kinski:
"Fieber - Tagebuch eines Aussätzigen"
Gedichte
© 2001 by Eichborn Verlag, Frankfurt am Main
ISBN 3-8218-0855-1

Pfeil zurück
Pfeil Aufsatz bei
Spiegel Online
Im Früjahr 1952 hielt sich Klaus Kinski zusammen mit seinem Freund Thomas Harlan (der später die Authenzität der Gedichte bestätigt) im Grand Hôtel des Balcons in Paris auf. Eines nachts fand Kinski im Park des Carré du Temple ein 16jähriges Mädchen auf einer Parkbank liegen. Das Mädchen hatte Gesang studiert, war aber jetzt schwer an Kehlkopfkrebs erkrankt. Er nahm sie mit aufs Hotel und pflegte und umsorgte sie und nannte sie "Bergell" nach der Tälerlandschaft in Norditalien, wo er sie auch später hinbrachte. So fand quasi der Dichter zu seiner Muse und in dreiwöchiger Schaffensphase sprudelten aus Kinski Gedichte heraus, alle am Stterbebett Bergells. Die Gedichte schrieb er wie ein Besessener teils handschriftlich und teils auf einer Reiseschreibmaschine nieder, alles unter dem vorläufigen Arbeitstitel "Bergell". Noch nie zuvor hatte Kinski Gedichte verfasst, nie tat er es wieder.

Schon allein diese Herangehensweise erinnert an den jungen Dichter Arthur Rimbaud, der mit 14 Jahren zu schreiben begann und seit seinem 16. Lebensjahr nie mehr eine Zeile zu Papier brachte. Auch inhaltlich läßt sich das poetische Werk eines Klaus Kinski mit dem eines Rimbaud oder eines Charles Baudelaire vergleichen. Da tun sich unglaublich düstere und verwirrende Abgründe auf, unheilvolle Visionen und Beobachtungen voller Leidenschaft und Hingabe. Auch die verstörende und komplizierte Metaphorik eines Paul Celan läßt sich hier wiedererkennen. Aufgrund der obszönen Frechheit mancher Gedichte werden sie auch mit den Balladen des François Villon verglichen. Ein starker Einfluß Villons wird Kinski aber vor allem deshalb nachgesagt, weil er dessen Werke schon zuvor selbst auf der Bühne rezitierte.

Im Sommer 1953 als Kinski und Harlan endgültig beschlossen, nach Israel zu reisen, verpackten sie die Aufschriebe Kinskis zusammen mit Fotos und den Tonbändern, auf die Kinski die Gedichte gesprochen hatte in einem Koffer und hinterließen diesen bei Alain Schlumberger, einem Pariser Freund. Dort blieb er 20 Jahre lang unberührt, weil Kinski und Harlan sich nach ihrer Rückkehr nicht mehr darum kümmerten. Schlumberger lieh den Koffer aber in den 80er Jahren zwei Freundinnen und als er den Koffer im Jahre 1993 Minhoï und Nanhoï übergab, waren die Tonbänder und die Manuskripte verschwunden.
Erst viel später im Jahre 1999 wurden die Manuskripte als Teil des Nachlasses einer Bayreuther Ärztin und angeblicher Jugendfreundin Kinskis in München versteigert. Der Stuttgarter Peter Geyer stieß zufällig im Internet auf den Katalog der Versteigerung und es gelang ihm für 3500 DM den poetischen Nachlaß des Klaus Kinski der Nachwelt zu erhalten.

Am 5. Juni 2001 erschloß sich dann der Kinski-Fangemeinde endlich die bahnbrechende Entdeckung: Das bislang unbekannte poetische Werk des Klaus Kinski wurde im Buch "Fieber - Tagebuch eines Aussätzigen" der Öffentlichkeit zuteil. Das Nachrichtenmagazin Focus schrieb zu Recht: "Die literarische Entdeckung des Jahres". Die Entstehungsgeschichte und die Hintergründe zum Erscheinen des Buches selbst lesen sich wie ein spannender Roman.